Zwischen dem Stolzenhainer Hügel und der Hauptstraße Nr. 223 (der Mautstraße) befindet sich die Siedlung Königsmühle, die früher sieben Häuser hatte. Die ungefähr 1,5 Kilometer lange Strecke aus Háj (Stolzenhain) zieren alte Vogelbeerbäume und unzählige Hügel von Blaubeeren. Der Weg, der früher von Fuhrwerken benutzt wurde, ist drei Meter tief eingesunken. Nur die Vögel zwitschern und erzeugen eine mysteriöse Atmosphäre – bis die erste Ruine auftaucht. Wie war das Schicksal der 53 ehemaligen Bewohner der Häuser und was ist bis heute geblieben?
Königsmühle gehörte zum Dorf Háj (Stolzenhain) im Kreis Chomutov (Komotau). Der Ort wurde wegen des Abzugs und später auch der Vertreibung seiner Einwohner aus den Karten gelöscht. Im Jahr 1860 gab es in Königsmühle 53 Bewohner in 7 Häusern, während der folgende Dekade hat sich die Anzahl verkleinert (46 Bewohner). Trotzdem wurde ein neues Haus dort gebaut. Die historischen Quellen sind allerdings sehr unvollständig.
Bei Nachforschungen unter den ältesten Einwohnern Stolzenhains wurde aber festgestellt:
Fünf Häuser wurden als Wohnhäuser benutzt (Familie Fohrmann, Familie Siegel, Familie Giebert, Familie Pöschl, Familie Siegel). Die anderen waren vermutlich die Mühle. Das Getreide, das dorthin aus Böhmen nach Sachsen transportiert wurde, wurde in Königsmühle gemahlen und in Säcke gefüllt. Daher kommt auch der Name der Straße: Mautstraße.
Zu einer Mühle gehörte auch ein kleiner Teich. Man kann den Teich noch heute erkennen, wenn man genau hinschaut. Die letzten Besitzer dieser Mühle waren die Vorfahren des Gastwirtes vom Keilberg. Bis heute ist ein Kellereingang erhalten, der von fünf Familien während des Zweiten Weltkrieges als Bunker benutzt wurde.
„Es stimmt, der Ort befand sich am Ende der Welt, besonders im Winter. Die Leute waren von allen anderen abgeschnitten,“ sagt die in Königsmühle geborene Rosemarie Ernst, die ein Erinnerungsbuch herausgegeben hat (im Gespräch mit P. Mikšíček und W. Wittenberg). Ihre Großeltern hatten ein Haus in Königsmühle, das ihr Großvater, als er noch jung war, aus einer Ruine gebaut hatte. Seine drei Söhne sind dort geboren und auch aufgewachsen.
Die Anreise zu der kleinen Ortschaft führt aus Háj (Stolzenhain) durch eine Schlucht, 1,5 Kilometer lang. Jahrhundertelang verlief durch sie eine Handelsroute. Die Kutscher brachten Getreide, Erz, Holz usw. aus Böhmen nach Sachsen. So geschah es, dass die Straße immer tiefer und tiefer einsank (heute sogar drei Meter).
Heutzutage bezeichnet man den Ort als „erloschenes Dorf“, was mehrere Vorgänge in der Umgebung und im Dorf beschreibt, die mit der Vertreibung der Deutschen 1945/46 verbunden sind. Nachdem die Bewohner der Königsmühle im Herbst 1946 vertrieben worden waren, nutzten die tschechischen Einwohner von Háj (Stolzenhain) die Situation, um das Holz aus Königsmühle als Baumaterial für sich zu nutzen. Deshalb verschwanden die Dächer, die Balkone, die Fenster, die Türen und auch das Dorf. Heute sind die Ruinen für uns Zeitzeugen, die uns an die Armut seiner Bewohner erinnern.
Die Häuser wurden dann schrittweise niedergerissen und die Straßen, Wiesen und Felder wurden nicht mehr gepflegt. Die Natur kehrt ins Tal zurück. Das geht wegen des Gebirgsklimas und der kurzen Vegetationsphase sehr langsam. Im Unterschied zu anderen verschwundenen Orten ist Königsmühle bis heute nicht vollständig überwuchert.
Dieser Ort ist eine Erinnerung an die Zeiten, als die Dörfer liquidiert wurden (1950er Jahre). Damals verschwanden etwa 3000 Gemeinden, Ortschaften und Weiler. Im ganzen deutsch-tschechischen Grenzgebiet ist noch nicht eine Gedenkstätte entstanden, die an die verschwundenen Orte erinnert (und schon gar nicht direkt in dem ehemaligen Ort). Die meisten anderen Standorte wären dafür unpassend. Die Gebäude sind weg oder die Ruinen sind von der Natur verschluckt und man kann die Orte gar nicht besuchen. Die Situation in Königsmühle ist anders: Man hat dort eine mehrere historische Gebäude, ein offenes Extérieur und ein schönes Erlebnis in der umliegenden Natur.
Es ist ziemlich sicher, dass ohne eine Konservierung die Gebäude und damit der ganze Ort in den nächsten 20 Jahren verfallen und verschwinden würden. Es geht nicht nur um die unberührte Natur des Tals, sondern auch um ein Beispiel einer verschwundenen Kulturlandschaft. Die ehemalige Siedlung ist ein einzigartiger Ort, wo sich landschaftliche, historische und natürliche Elemente treffen. Überdies finden wir in der Nähe auch Spuren des Bergbaus im Erzgebirge.
Im Falls des Dorfes Königsmühle geht es mehr um den Geist des Ortes (Genius loci) als um klassischen Denkmalschutz für Gebäude – dort gibt es keine wertvollen historischen Bauwerke, die Innenräume fehlen und geblieben sind nur Fragmente von Ornamenten usw. Es ist wichtig zu sagen, dass der Naturschutz vor Ort klarer definierte Mittel hat als der Denkmalschutz. Als Naturschutzgebiet ist Königsmühle eins der am strengsten geschützten tschechischen Schutzgebiete. In diesem Kontext kann man kommerzielle Aktivitäten verhindern, was ein großer Vorteil ist, nicht nur für den Denkmalschutz, sondern auch für das nahegelegene Erholungsgebiet.